Intern | Sonntag, November 24, 2024
20. Treffen des Ost-West-Freundeskreises
20. Treffen des Ost-West-Freundeskreises

Für die rund 30 Mitglieder des Ost-West-Freundeskreises ist das jährliche Treffen eine fixe Größe im Familienplan. Ein Wochenende im September irgendwo in Deutschland ist hierfür reserviert.

Egal ob noch aktiver Henkelaner, Henkel- Pensionär, inzwischen in anderen Berufen tätig oder „nur“ Familienanhang, in zwanzig Jahren  ist Verbundenheit gewachsen, und da nimmt mancher eine lange Anreise auf sich. Das will etwas heißen. Denn der weiteste Außenposten ist Bratislava.

Was hat es also mit dem Ost-West-Freundeskreis auf sich?

In den 90er Jahren war die Wiedervereinigung noch nah genug und Diskussionen rund um das Thema Wessi/Ossi  boten viel Gesprächsstoff. Da hatte der damalige „Jungpensionär“ Wolfram Becker eine Idee. Eines Tages fragte er mich als Magdeburgerin, was ich davon hielte, mit einem Ost-West-Verein den Ost-West-Dialog gezielt zu fördern. Henkelaner aus beiden Teilen Deutschlands hätten sich sicher viel zu sagen, und wenn man sich mal da und mal dort träfe, könnten auch alle ein Stück mehr vom geeinten Deutschland kennenlernen. Ich fand die Idee gut und noch im selben Jahr verbrachten wir im kleinen Kreis ein erstes gemeinsames Wochenende.

Der Teilnehmerkreis wuchs, und  im September diesen Jahres fand nun in Bamberg das  20. Ost-West-Treffen statt. Grund zur Freude ist unser jährliches Wiedersehen immer. Aber diesmal war auch ein wenig Stolz dabei, dass wir mit den Jahren nicht weniger geworden sind, sondern auch immer wieder neue dazu kamen. Danke, Wolfram!

Getreu dem Grundgedanken haben wir im Laufe der Zeit nicht nur historische Orte und kulturelle Leuchttürme besucht, sondern sind auch an Orten der aktuellen Zeitgeschichte den Spuren  jüngster Geschichte nachgegangen.

So fand unser erstes Treffen im Naturfreundehaus Üdersee/Uckermark in einem Objekt statt, das bis 1989 als Feriendomizil den Mitarbeitern der DDR-Regierung vorbehalten war. Wer Luxus erwartet hatte, war überrascht von der bescheidenen Ausstattung, eben DDR-Komfort mit dem Charme funktionaler Einfachheit. Inmitten der märkischen Landschaft  bot dann die Fahrt über das Schiffshebewerk Niederfinow und den Oder-Havel-Kanal nicht nur den Technikfreaks  ein Lehrstück deutscher Wasserstraßengeschichte. Im nächsten Jahr stand die Pfalz als typische Weinbauregion, natürlich mit Weinverkostung, im Programm. Dann war wieder mit der Sächsischen Schweiz, Bastei und Festung Königstein der Osten an der Reihe. So suchten wir uns von Jahr zu Jahr von Ost nach West und umgekehrt wechselnd neue Ziele, und immer hatten diese Orte  für einen Teil der Gruppe Neues zu bieten. Historisches stand mit Kloster Weltenburg, Befreiungshalle Kehlheim, dem Deutschen Eck in Koblenz, der Wartburg Eisenach und schönen alten deutschen Städten wie Erfurt oder Bamberg auf der Reiseliste.

Der jüngeren Vergangenheit begegneten wir hautnah beim Treffen in Guxhagen, sei es  im Grenzmuseum Asberg-Sickenberg an der ehemaligen Zonengrenze oder die Floßfahrt auf der Werra. Die Werra, für 40 Jahre Grenzfluß zwischen Ost und West, war in der Zeit des geteilten Deutschlands als Zonengrenze für jeden von uns, egal ob Bundesbürger oder in der DDR zuhause, verbotenes Terrain. Irrsinn zum Anfassen könnte man dieses Treffen überschreiben. Aktuelle Politik zum Anfassen erlebten wir in Stuttgart bei einem Besuch der Staatskanzlei, sozusagen im inneren Kreis der Macht.

Eine Vorstellung von den Ausmaßen und tiefgreifenden Veränderungen des gesellschaftlichen Umbruchs nach 1990 erhielten wir beim Treffen in der Bitterfelder Region. Riesige Brachflächen  einer verschwundene Chemieindustrie und riesige Löcher von ausgekohlten Braunkohletagebauen einerseits stehen einer sich neu gestaltenden sauberen Chemieindustrie und dem  Wandel einer  von der Kohle zerschundenen Landschaft in ein Naturparadies mit einer außergewöhnlichen Kulturstätte entgegen. Ob Ferropolis, die Stadt aus Eisen, der Bitterfelder Bogen, das Filmmuseum oder die Seenlandschaft der Gotsche und des Muldestausee mit Dübener Heide, sie alle sind Zeugen einer gewaltigen historischen Wandlung dieser Region. Daneben nimmt sich der Neubau „Wasserstraßenkreuz  Magdeburg“ regelrecht bescheiden aus, obwohl...... . Ja, obwohl der Mittellandkanal als  Ost-West-Achse  quer durchs geeinte Deutschland mit dem Zugang zur Elbe auch nicht ohne ist. Eine Rundfahrt über alle 4 Schleusen und die Kanalbrücke braucht dann schon mal 4 Stunden.

So ging es also von Jahr zu Jahr in eine andere Region, und es wäre wohl noch manches zu nennen, wie die Wasserkuppe in der Rhön,  und, und und....

Aber es ist  auch an der Zeit, noch einmal den Organisatoren Danke zu sagen. Anfangs kümmerte sich Wolfram Becker um alles. Seit einigen Jahren haben dann Gisela Witte und ihr Lebensgefährte Willy Paulin den Staffelstab übernommen. Sie machen das so gut, dass wir uns auch gern überraschen lassen. Danke! Das Ziel für das jeweils nächste Treffen wird aber ganz demokratisch in geheimer Wahl ermittelt und heißt für 2017 „Leipzig“, die Stadt, in der das Ende der DDR seinen Anfang nahm.

Wiltrud Klose